Dieser Junge ist erst 22 Jahre alt

Er ist wie ein Engel zu seinen Patienten

 

„Am Montag habe ich Prüfung in Notfallmedizin“, sagt Nico. „Die nächsten beiden Nächte werden lang.“ Auf seinem Schreibtisch türmen sich dicke Wälzer – seine Lehrbücher. Nico arbeitet tagsüber im deutschen Sterbehospiz von Hermannstadt (Siebenbürgen) und lernt nachts für sein Studium der Krankenpflege – oder umgekehrt. Je nach dem, wie die Uni es ermöglicht. Wann er schläft, bleibt sein Geheimnis. Dass dieser junge Mann, der eine schier unbegrenzte Leistungsfähigkeit und Bereitschaft an den Tag legt, überhaupt studieren kann, verdankt er der Aktion Reiskorn. Denn Nico zählt zu den vielen, vielen Einzelschicksalen weltweit, denen die Helfer aus Deutschland mit sanftem Eingriff, mit Augenmaß – und offener Hand eine Wendung zum Glück gegeben haben.

 



 

Nico macht Aktion Reiskorn stolz


Als Nico zum ersten Mal das Hospiz in der von Deutschen erbauten Stadt betrat, war er 16 Jahre alt: ein großer Jüngling mit rosigen Wangen, einem zurückhaltenden Lächeln, braunen Augen. Das blühende Leben kam an den Ort, an dem Menschen in Würde sterben dürfen. Sein Aussehen hat sich bis heute nicht verändert, doch der junge Mann ist gereift. Aus dem Praktikanten wurde einer der besten Mitarbeiter von Hospiz-Chefin Ortrun Rhein, der siebenbürgischen Theologin, die auch das evangelische Altenheim leitet, das Hospiz und ein Kinderhaus ins Leben rief. Neben dem aufreibenden Schichtdienst in der Pflege der todkranken Menschen nahm Nico ein Studium der Krankenpflege auf. In Rumänien gleicht das einem kleinen Medizinstudium: acht Semester, schwere Prüfungen. Eine kleine monatliche Hilfe der Aktion Reiskorn ermöglicht es dem jungen Mann, der mit seiner halbseitig gelähmten Mutter in einem Mini-Appartement lebt, sich auf das Studium zu konzentrieren und nicht zusätzlich einen Nebenjob aufnehmen zu müssen. Denn das Krankenpfleger-Gehalt von 400 Euro reicht nicht für zwei Personen.


Diese „Investition“ zahlt Nico den Helfern mit Zins und Zinseszins zurück: Indem er die Menschen in dem deutschen Hospiz weiter aufopferungs voll pflegt. Indem er fleißig und erfolgreich studiert. Und indem er einen ehrbaren, erfüllenden Lebensweg auf eigenen Beinen einschlägt. Auf sein Studium angesprochen, wird Nicos Lächeln dann doch etwas breiter: „Ich schlage mich ganz gut“, sagt er. Was er damit voller Bescheidenheit meint, erklärt seine Chefin Ortrun Rhein: „Nico ist einer der Besten in seinem Jahrgang. Er ist aufgrund seiner Leistungen im Studium in die staatliche Förderung gerutscht. Die erhalten nur dieneun besten der 40 Studenten.“


Um es vorweg zu sagen: Die Prüfung am Montag in Notfalmedizin verlief super – eine glatte Eins. Nun hat Nico fünf Semester hinter sich. In anderthalb Jahren macht er seinen Abschluss. Und bringt das Projekt „Pfleger Nico“ der Aktion Reiskorn zu einem erfolgreichen Ende.


 

Nico und der „alte“ Herr (48). Dieser Mann hat nicht mehr lange zu leben. Er verbringt seine letzten Tage im Hospiz. Meist sind es deutsche Patienten, die Nico bis zu ihrem Tod begleitet.