eine Horror-Vorstellung: Sie müssen qualvoll ersticken, weil dem Krankenhaus ein simples Atem-Gerät im Wert von 800 Euro fehlt. Übertrieben, was ich da sage? Na – dann lesen Sie erst einmal diese wahre Geschichte:

Orgelklänge schallen aus der Kapelle des deutschen Altenheims in Hermannstadt (Siebenbürgen). Bewohner Michael Schneider (80) spielt Martin Luthers „Ein’ feste Burg ist unser Gott“, die Kirchenhymne der evangelischen Siebenbürger Sachsen. Er war Organist im Dorf Hamlesch, wie schon sein Urgroßvater und Großvater. Nun ist er Organist im Altenheim, in dem er seit zehn Jahren eine letzte Heimat gefunden hat. „Ich leite hier auch unseren Chor mit 20 Sängern“, berichtet der rüstige Rentner. Heimleiterin Ortrun Rhein, selbst Theologin, schrieb auf Wunsch ihrer Schützlinge eigens ein Krippenspiel, das Weihnachten zur Aufführung kam. Es sind dürftige, trotzdem erfüllende Erinnerungen an ein bewegtes Leben in einer intakten Dorfgemeinschaft.

Als „Dank“ für Wehrmacht – Sibirien

„Wir waren Weinbauern“, berichtet Stefan Schaser (78), der neben Michael Schneider Platz genommen hat. In Hamlesch gediehen Mädchentraube, Muskat, auch Riesling. Die Hänge, die das Dorf umgaben, waren bedeckt mit liebevoll gepflegten Weinreben, säuberlich auf Terrassen angelegt. Dann kam der Krieg. Die Männer kämpften in der Wehrmacht mit. Nach dem Zusammenbruch der Ostfront mußten die Siebenbürger bitter büßen. Die Kommunisten deportierten Männer und Frauen nach Rußland; viele überlebten den Hunger, die Kälte, die Sklavenarbeit nicht. Die anderen kehrten nach fünf Jahren heim. Ihre Kinder erkannten sie nicht wieder. Ihre Häuser waren besetzt von Zigeunern. Ihre Höfe heruntergewirtschaftet. Das Wenige, das ihnen blieb, mußten sie bald in die neu gegründete Genossenschaft abgeben – Enteignung. Die blühende Gemeinde verkam zusehends. So bald es ging, wanderten die meisten Siebenbürger Sachsen nach Deutschland aus. Stefan Schaser und Michael Schneider blieben. Im Herbst starb Schasers Frau Helene. Da zog er ins deutsche Altenheim. Seinen Hof wird er wohl nicht wiedersehen. Er will es auch nicht. „Mit dem Kapitel haben wir abgeschlossen“, sagt der alte Mann und wischt sich über die Augen.


Fast nur „Reiskorn“ hilft dauerhaft den Sterbenden

Wie diese beiden Männer haben viele, viele Siebenbürger nach dem Krieg den Kopf hingehalten – auch für Deutschland. Nichts liegt ihnen ferner, als dafür etwas zu fordern; noch viel weniger würden sie betteln. Doch die Wahrheit ist: Sie brauchen Hilfe. Und sie haben sie verdient. Aktion Reiskorn ist die einzige Hilfsorganisation, die das evangelische Altenheim Carl Wolff und das dazugehörige Hospiz nachhaltig unterstützt. „Wir haben ein gutes Jahr 2012 gehabt – Dank Aktion Reiskorn“, sagt Heimleiterin Ortrun Rhein. „Es ist unglaublich schön, monatlich eine bestimmte Summe gesichert zu haben, um das Nötigste abdecken zu können.“ Die Finanzierung ihrer Einrichtung ist eine tägliche Herausforderung. Daß sie überhaupt gelingt, dazu trägt nicht zuletzt Deutschland bei, das Verantwortung zeigt. Das Bundesinnenministerium übernimmt 40 Prozent der Altenheim-Kosten. Den Rest muß Rhein aus Spenden stemmen, aus den dürftigen Renten der Bewohner (meist deutlich unter 100 Euro) – und dem rumänischen Staat abtrotzen, der an sich zuständig wäre. Wie die neue „sozial-liberale“ Regierung ihrer Verantwortung gerecht wird, verdeutlicht Gesundheitsminister Eugen Nicolaescu: Im Januar 2013 beschloß er, ab März nichts mehr zu überweisen. Begründung: „Wir seien eine private Einrichtung, die sich mit öffentlichen Geldern bereichern würde“, empört sich Rhein. Mit anderen Worten: Der Gesundheitsminister vorenthält todkranken, alten Menschen das Geld, das sie im Laufe ihres Lebens eingezahlt haben.

Der Schwerkranke liegt erstmals in einem richtigen Bett

Johann Barbosa hat nichts einbezahlt. Trotzdem hat er herzliche, menschliche Aufnahme gefunden. Er liegt in Zimmer sechs des Sterbehospizes: Darmkrebs im Endstadium. Johann Barbosa gehört zu den Ärmsten der Armen. Er war ein Leben lang Ziegenhirte – die unterste Hierarchiestufe im Hirtenland Rumänien, weit unter den Schafhirten angesiedelt. Barbosa wurde von „seinem Herrn“, wie er ihn nennt, in sklavenähnlichem Verhältnis gehalten. Ohne Papiere, ohne Rechte, in völliger Abhängigkeit. Gekleidet und genährt mit dem Nötigsten. „Ich liege jetzt zum ersten Mal in meinem Leben in einem sauberen Bett“, sagt der Hirte. Und er hat seinen Humor trotz alledem nicht verloren: „Schade, daß es nicht für lange sein wird“, fügt er leise hinzu und bringt ein Schmunzeln zustande. Dafür lieben ihn die Pfleger und behandeln ihn so respektvoll, wie ihm das noch nie zuteil wurde. „Ich darf sogar fernsehen, wann immer ich will!“ Der Ziegenhirte kann es nicht fassen. Ortrun Rhein freut sich doppelt: Über die Freude dieses armen Menschen – und über ihre Mitarbeiter, die sie handverlesen einstellt, persönlich ausbildet. Und die verstanden haben, daß jeder Mensch Würde besitzt, auch wenn er es selbst nicht mehr weiß.

Diese Einstellung, diese Hingabe und Leistung läßt sich nicht messen. „Aber was sich messen läßt, haben wir bewerten lassen“, sagt Ortrun Rhein. Ihr blitzsauberes Haus wurde wochenlang geprüft. Als erste Einrichtung dieser Art in Rumänien erlangte es Krankenhaus-Status und die höchsten ISO-Zertifizierungen in diesem Bereich. Und das ganz ohne Bestechung. Es hat sich herumgesprochen, daß die Deutschen nichts geben. „Die Beamten fragen gar nicht mehr. Sie wissen, daß ich nie weich werde“, sagt Rhein. Nicht bei Korruption. Nur bei Schicksalen.

800 Euro – und keine Angst mehr vor dem Ersticken

Dazu gehört, daß Ortrun Rhein nie lange zögert, wenn man sie fragt, wo gerade der Schuh drückt. „Sauerstoffgeräte“, sagt sie, wie aus der Pistole. Dabei handelt es sich um sogenannte Sauerstoffkonzentratoren. Die Apparate saugen Sauerstoff aus der Umgebung, verdichten ihn und geben ihn konzentriert über eine Atemmaske an den Patienten ab. Viele der Kranken im Sterbehospiz leiden unter Atemnot, nicht nur jene mit Lungenkrebs. Und auch gebrechliche Bewohner des Altenheims ringen manchmal nachts nach Luft, können aus Angst nicht schlafen. Ortrun Rhein: „Oft reicht es schon, daß ein solches Gerät im Zimmer ist, ohne eingeschaltet zu sein. Und schon sind die Patienten beruhigt, daß sie nicht ersticken werden. Dann können sie auch einschlafen.“

Ein solches Gerät von der Größe einer Schreibmaschine kostet in ordentlicher Qualität 800 Euro. „Wenn wir vier davon bekommen könnten, wäre der Bedarf in Altenheim und Hospiz gedeckt“, sagt die Heimleiterin. Keine Frage: Die Aktion Reiskorn wird helfen. Und den alten Menschen ein Geschenk machen, das ihnen buchstäblich so nötig ist wie die Luft zum Atmen.

Bitte, helfen Sie mit einem kleinen Betrag mit. Natürlich wäre es noch schöner, wenn wir fünf dieser Geräte kaufen könnten. Eines als Reserve!


Viele liebe Grüße

Ihr
Joachim Siegerist

                  

 

P.S. Auf dem  Foto sehen Sie Johann Barbosa. Die Tage vor seinem Tod waren die schönsten in seinem Leben. Er starb vor 6 Wochen.